Ein Blaumilchkanal ist nichts gegen den Grabungseifer eines Upsprunger Mitbürgers. Hundeliebe treibt manchmal seltsame Knospen...

Leseprobe/Erste Sätze

 

Grabowskis Grab

Grabowski hatte schnelle Beine und einen ausgeprägten Geruchssinn, naturgegeben, wenn man so wollte, und Ernst Emrich aus Upsprunge diebische Freude daran, seinen Mitbewohner durch die großen Scheiben seines Wintergartens bei seinen täglichen Tiefbauarbeiten zu beobachten. Ja, so musste man das schon bezeichnen, obwohl ein Bebauungsplan nur schwer zu erkennen war. Die ehemals leidenschaftlich gepflegte Rasenfläche seines Kleingartens sah inzwischen aus wie eine Kraterlandschaft, aber das war ihm mitlerweile längst egal geworden. Wichtig war dem Rentner nur, dass Grabowski seinen Spaß hatte. Und den hatte er mit Sicherheit. Und dann ging es seinem Herrchen auch gut. Der Hund war ein Mischlingsrüde, Dackel und Schnauzer steckten tief in ihm drin, und er meistens in der Erde. Immer wenn er wieder eine neue Lunte gerochen hatte, bohrte er erst, völlig außer sich wie von einer Tarantel gestochen, die Schnauze in den Boden und scharrte dann wie Bolle mit den Vorderpfoten die Erde in höllischem Tempo nach hinten durch. Man konnte meinen, ihm seien Propeller statt Beine an den Körper gewachsen, so schnell war Grabowski mit seinen Pfoten bei der Arbeit. Er musste wohl in einem früheren Leben als Maulwurf oder Wülmaus durch die Erdreiche dieser Welt gezogen sein, dachte sein Herrchen jedesmal und betrachtete die unzähligen Erdaushübe und Löcher in seinem Garten trotzdem mit viel Bewunderung. So viel Toleranz konnte es wohl nur unter Seelenverwandten geben, denn Ernst Emrich hatte sein Arbeitsleben bei einer Tiefbaufirma in Niederntudorf verbracht. Grabowski hatte er aus dem Tierheim befreit. Eine ehrenamtlich tätige Pflegerin dort, die hauptberuflich Erzieherin war, hatte den Mischling nach dem gleichnamigen Maulwurf aus einem Kinderbuch benannt, als sie dessen Ausgrabungstalent entdeckte. Das war kurz nachdem seine geliebte Ehefrau Ernst Emrich an Krebs einfach weggestorben war. Viel zu früh, denn sie hatten so viele Pläne für ihren gemeinsamen Lebensabend. Grabowski war nun sein letzter treuer Gefährte geworden, Ernst hatte sich Schritt für Schritt aus seinem ehemals sehr geselligen Leben zurückgezogen. Die, die ihn kannten, behaupteten sogar, er sei ein komischer, einsamer Kauz geworden. Der Rentner konnte darüber nur schmunzeln, weil er seine Ruhe und Zurückgezogenheit in vollen Zügen genoss und einfach nur glücklich mit sich und seinem Grabowski war. Leider dauerte auch dieses Beziehungsglück nicht sehr lange an und veranlasste Ernst Emrich, eine ganz ungewöhnlich Tat zu begehen und seinem Image als komischer Kauz voll gerecht zu werden. Und das kam so.

 

Weiterlesen können Sie die Geschichte in einer Sammlung meiner Kurz- und Kürzest-Krimis samt Gruselreimen, die in Kürze in meinem Online-Buch-Shop erscheinen wird.

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© Autor Wolfgang Pache